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DIE AUTOREN

Karen Thiel
Seit mehr als 20 Jahren bin ich als selbständige Pharma-Expertin für die Bereiche Medical-Marketing und Patient Support tätig. Ich betreue Biopharma, RX, OTC/OTX, Supplements und apothekenexklusive Kosmetik-Marken als Managerin oder Consultant. Ein besonderes Spezialgebiet von mir ist der Aufbau von Patienten-Support-Programmen. Auch Online/Social-Media-Aktivitäten im Healthcare-Bereich zählen zu meinen Kernkompetenzen. Meine Firma heißt KT Projekt. Mein Angebot sowie eine Referenz- und Projektliste finden Sie unter www.ktprojekt.de.
Dr. Martina Hänsel
In der Pharmabranche arbeite ich seit mehr als 20 Jahren und bin seit über acht Jahren freiberufliche Beraterin mit Schwerpunkt auf medizinisch-wissenschaftliche Beratung, Kommunikation und Interim Management. Außerdem absolviere ich einen Master-Studiengang Regulatory Affairs.

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Neue Aufreger bzgl. Covid-19-Impfstoffen – Was soll man glauben?

Long-Covid, Post-Vac-Syndrom, schwere unerwünschte Impfwirkungen, BioNTech/Pfizer-EMA-Hackerangriff, sog. Pfizer-Leaks in den USA etc. Die Presse und die sozialen Medien sind voll davon. Es wird alles mögliche durcheinander geworfen und statt weniger Verschwörungen, scheint es so, als gäbe es nun noch mehr zum Thema Covid-19. Eine sehr unbefriedigende Situation, die wir sicherlich nicht auflösen, aber wir bleiben dabei: aufklären, aufklären, aufklären.

1. Wissen zum Zeitpunkt X

Jede wissenschaftliche Aussage gilt genau für den Zeitpunkt, an dem sie getroffen wurde. Dies gilt für wissenschaftliche Studien ebenso und Experten treffen auf Grundlage genau dieses Wissenstandes ihre Aussagen. Wissen wächst und erweitert sich, neue Erkenntnisse kommen dazu. Von daher ist das, was ein Experte gestern sagte, vielleicht schon morgen überholt. Das ist normal und damit muss man leben. Normalerweise gehen solche Entwicklungsschritte an der Bevölkerung vorbei. Nun hat sie – quasi in Echtzeit – miterleben dürfen, wie eine Wissenweiterentwicklung vor sich geht und ist damit überfordert. Wissenschaft ist komplex, aber Laien wünschen sich einfach und klare Lösungen, die es nicht gibt. Das ist eine einfache Begründung für das Mißtrauen, das Verdrehen von Tatsachen und das Leugnen von Wissenschaft.

2. Unerwünschte Impfwirkungen sind selten

Alles was wirkt, kann auch unerwünschte Wirkungen haben. So auch eine Impfung. Das hat übrigens jeder unterschrieben, der eine Impfung bekommen hat, nämlich über den Aufklärungsbogen, der vor der Impfung ausgegeben wurde. Dort sind die unerwünschten Ereignisse (UEs) aufgeführt, die während der Studien und im Laufe der Impfkampagne aufgetreten sind. Diese Bögen werden immer wieder aktualisiert und neu aufgetretene UEs werden integriert.

Soviel Impfstoff in kurzer Zeit wurde noch nie verimpft. Und auch dabei konnte man „live“ erleben, wie selten schwere Impfwirkungen auftreten. Nur glauben das nicht alle. Viele unerwünschte Impfwirkungen werden hochgespielt und die Covid-19-Impfung immer noch als gefährlich dargestellt. Auch die Presse findet darin immer mal wieder ein Clickbaiting-Thema. Und nicht zu vergessen: Der Nocebo-Effekt!

Im Folgenden finden Sie eine Tabelle, die aufzeigt, wieviele Menschen mit welchem Impfstoff in Europa (EU/EEA) bis zum 13. November 2022 geimpft wurden.
Name Art Unternehmen Verimpfte Dosen Erwachsene Verimpfte Dosen Kinder bis 18 Jahren
Comirnaty Original mRNA BioNTech/Pfizer 685.000.000 57.300.000
Comirnaty Bivalent mRNA BioNTech/Pfizer 16.100.000 52.400.000
Spikevax Original mRNA Moderna 161.000.000 3.100.000
Spikevax Bivalent mRNA Moderna 317.800 200
Vaxzevria Vektor AstraZeneca 68.800.000 0*
Jcovden Vektor Janssen 18.600.000 0*
Nuvaxovid Protein Novavax 361.300 0*
Valneva Inaktiviert Valneva 2.900 0*
950.182.000 112.800.200

Quelle: https://www.ema.europa.eu/en/documents/covid-19-vaccine-safety-update/covid-19-vaccines-safety-update-8-december-2022_en.pdf Stand: 08.12.2022

* Zu dem Zeitpunkt hatten diese Impfstoffe keine Zulassung für Kinder.

Und aus demselben Bericht stammen die unerwünschten Ereignisse nach den Impfungen:
Name Art Unternehmen Nebenwirkungs-meldungen Schwere Nebenwirkungen % schwere NW
Comirnaty Original mRNA BioNTech/Pfizer 967.351 8.368 0,0011
Comirnaty Bivalent mRNA BioNTech/Pfizer 3.670 51 0,0001
Spikevax Original mRNA Moderna 270.827 1.161 0,0007
Spikevax Bivalent mRNA Moderna 3.120 16 0,0050
Vaxzevria Vektor AstraZeneca 328.643 1.579 0,0023
Jcovden Vektor Janssen 58.223 339 0,0018
Nuvaxovid Protein Novavax 1.423 1 0,0003
Valneva Inaktiv.
Valneva 24 0 0,0000

Die gute Verträglichkeit und die geringen unerwünschten Impfwirkungen nach den Covid-19-Impfungen sind deutlich zu sehen. Die Impfzweifler werden trotzdem argumentieren, dass einfach zu wenig gemeldet wird, die Zahlen geschönt sind oder sonstiges Verschwörungsgerede. Stimmt aber natürlich nicht.

3. Problem: Gesundheitsminister Lauterbach

Leider hat selbst Gesundheitsminister Lauterbach dazu beigetragen Verschwörungserzählern Futter zu liefern, nämlich durch sein unterirdisches Interview im ZDF heute Journal. Wie üblich hat er maximal ungeschickt agiert und und eine viel zu hohe Zahl an unerwünschten Impfwirkungen genannt. Selbst das ZDF muss die Aussagen von Lauterbach im Nachgang richtigstellen:

„Lauterbach vermischt Begriffe, spricht mal von Impfschäden, mal von Nebenwirkungen, dann wieder von „Post Vac“. Doch alle Begriffe haben unterschiedliche Bedeutungen: Impfnebenwirkungen verschwinden meist nach wenigen Tagen, doch seltene, schwerwiegende Nebenwirkungen wie Sinusvenenthrombosen können Impfschäden auslösen – also Schäden, die die Gesundheit dauerhaft beeinträchtigen. Das „Post Vac“-Syndrom wiederum ist nicht exakt definiert. Es beschreibt eine Reihe von Symptomen nach einer Impfung, die dem Krankheitsbild von Long Covid nach einer Infektion ähneln. Darunter sind Beschwerden wie Atemnot, Erschöpfung oder auch neurologische Symptome.“

Sehr peinlich für einen Gesundheitsminister. Herr Lauterbach sollte wirklich zurücktreten, er ist mit dem Job überfordert. Das ZDF hat zu den Aussagen von Herrn Lauterbach auch Erik Sanger von der Charité Berlin befragt:

„Schwerste Impfschäden, die langfristige Beeinträchtigungen oder sogar den Tod zur Folge haben, treten glücklicherweise deutlich seltener auf als einmal bei 10.000 Impfungen, erklärt Leif Erik Sander, der an der Berliner Charité zu Impfstoffen forscht, auf Anfrage von ZDFheute.

‚Gäbe es eine Häufung solcher schweren Komplikationen, wäre das bei Milliarden von verimpften Dosen in den internationalen Daten aufgefallen.‘ (Leif Erik Sander, Leiter der Klinik für Infektiologie, Charité Berlin)

Kommt es nach einer Impfung tatsächlich mal zu einer Herzmuskelentzündung, heilt die aber fast immer folgenlos aus, so Sander.“

Abgesehen davon war auch der ursprüngliche ZDF-Beitrag vor dem Lauterbach-Interview nicht gerade erhellend und hat zwei Einzelbeispiele so in den Focus gestellt, dass man denken kann, es gäbe viele Menschen mit Impfschaden. Es ging aber im Kern darum, dass diese betroffenen Personen bürokratische Hürden haben, um eine Entschädigung zu bekommen. Das sollte natürlich nicht sein.

4. Long-Covid – Post-Vac

Was das Virus anrichtet, kann in Ausnahmefällen auch die Impfung anrichten, allerdings deutlich seltener und meist abgeschwächt. Das lässt sich am Beispiel Long-Covid – Post-Vac-Syndrom sehen. Beide Erkrankungen ähneln sich und treten sowohl nach der Erkrankung als auch nach der Impfung in seltenen Fällen auf. Die genaue Zahl der Long-Covid-Syndrome ist noch unbekannt. Schätzungen gehen von 3,0 bis 13,7 % aus. Das ist noch sehr schwammig.

Ähnlich sieht es bei dem Post-Vac-Syndrom aus. Die Beschwerden sind ähnlich Long-Covid. Bis jetzt sind 943 Verdachtsmeldungen beim Paul-Ehrlich-Institut eingegangen. Das sind ca. 0,0005 % (0,005 je 1.000 Impfdosen). Somit vernachlässigbar. Gesundheitsminister Lauterbach will auch diese Menschen unterstützen. Man kann allerdings davon ausgehen, dass die Beschwerden – ebenso wie bei Long-Covid – nach 6 oder 12 Monaten verschwinden oder zumindest deutlich abklingen.

Ist man vollständig geimpft und geboostert, treten übrigens viel seltener Long-Covid-Symptome nach einer späteren Covid-19-Erkrankung auf.

5. Aspirieren beim Impfen könnte wichtig sein

Interessant ist ein neuer Aspekt, bzgl. des unerwünschten Ereignisses Myokarditis aufgrund einer Covid-19-Impfung. Es kann die Art der Verabreichung der Impfung sein. Die meisten Impfungen werden intramuskulär injiziert. Dabei kann es sein, dass man – in ganz seltenen Fällen – ein Gefäß trifft. Um Auszuschließen, dass man versehentlich ein Gefäß getroffen hat, „aspiriert“ der Impfende, also zieht den Kolben der Spritze ein Stück zurück und spritzt erst dann. Wenn Blut im Kolben beim Aspirieren ist, ist ein Gefäß getroffen und man muss eine andere Stelle für die Impfung wählen.

Für den Impfling ist Aspiration eher unangenehm, deshalb verzichteten viele Impfende darauf und es kostet Zeit, die während der Covid-19-Impf-Kampagne schlicht nicht da war. Grundsätzlich ist Aspiration bei Impfungen nicht üblich. Ggf. hat aber genau das fehlende Aspirieren zu den Herzmuskelentzündungen geführt und wenn diese nicht erkannt werden, kann das in wenige Fällen bis zum Tode führen.

„Of note, it has been recently reported that intravenous injection of COVID-19 mRNA vaccine is able to induce an acute (epi-) myocarditis in a preclinical model [1]. Interestingly, we recorded inflammatory foci predominantly in the right heart, which may suggest a gradual blood-stream derived dilution effect and based on this finding it is at least tempting to speculate that inadvertent intravascular vaccine injection may be contributive.“ [2]

[1] Li C, Chen Y, Zhao Y, Lung DC, Ye Z, Song W et al (2021) Intravenous injection of Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) mRNA vaccine can induce acute myopericarditis in mouse model. Clin Infect Dis 74(11):1933–1950 [2] https://link.springer.com/article/10.1007/s00392-022-02129-5#Sec2

Myokarditis ist übrigens auch eine mögliche Wirkung von der Covid-19-Erkrankung selbst. Viren sind die häufigsten Auslöser eine Mykarditis.

6. Das Meiste sind weiterhin reine Falschnachrichten

Mittlerweile gibt es sogar eine Buchveröffentlichung zu den angeblichen „Pfizer-Leaks“. Man kann es gar nicht anders sagen: Wieder unglaublicher Verschwörungsmüll. Bereits im Januar 2022 konnte Correctiv die Behauptungen widerlegen, aber sie existieren immer noch im Netz. Wer das glauben will, glaubt es weiter und ist nicht mehr zu überzeugen. Seufz! So ist es leider.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von correctiv.org zu laden.

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Angebliche Pfizer-Leaks sind aber nur die Spitze des Eisbergs. Wahrscheinlich sind Ihnen per Messengerdienst oder E-Mail von Bekannten schon skurile Behauptungen ins Haus geflattert und wer die falschen Channels in den sozialen Medien abonniert hat, findet für die eigene Verschwörungsgeschichte immer mehr Belege und Beweise. Nur mit der Realität hat das alles nichts mehr tun. Soll man sich von diesen Menschen verabschieden? Am besten ja, denn es kostet Zeit und Nerven diese Menschen zurückzugewinnen. Sie sind jetzt sowieso damit beschäftigt Putin zu verteidigen. 🙄

Wäre es ohne soziale Medien besser? Es wäre anders, Verschwörungen würden sich nicht so schnell verbreiten, aber der Glaube an Engel, dem Zweifel an der Mondlandung, der Flat-Earth-Geschichte, dem Glauben an Homöopathie etc., gab es schon weit vor dem Internet. Nur war es noch nie so einfach wie heute den Unsinn zu verbreiten.

7. Ist SARS-CoV-2 nun ein Laborunfall oder nicht?

Klare Antwort: Keine Ahnung! Ist im Prinzip auch (fast) egal. Hat keine Konsequenzen für die Pandemie selbst. Und wer wird China dafür zur Verantwortung ziehen, wenn es ein Laborunfall wäre? Richtig, keiner.

Neueste Untersuchungen haben nun Marderhunde ins Visier genommen:

„Bisher unzugängliche genetische Daten aus China liefern neue Hinweise zum möglichen Ursprung der Corona-Pandemie. Eine Auswertung des Materials bringt Marderhunde auf einem Markt im chinesischen Wuhan als potenzielle Überträger des Coronavirus ins Spiel, wie die Zeitschrift ‚The Atlantic‘ berichtet.“ (Quelle: Artikel 222450 auf www.aend.de – mit LogIn, 17.03.2023)

Es gibt auch andere Behauptungen, die immer wieder aufploppen, z. B. behauptet eine große Studie aus Deutschland und den USA im Oktober 2022, dass SARS-CoV-2 höchstwahrscheinlich ein Unfall war und aus dem Labor kommt.

8. Bitte nicht aufgeben zu widersprechen

Geht es Ihnen auch so, Sie sind müde ständig zu informieren, den Quermotzern zu widersprechen, ständig Aufklärungsblogbeiträge zu schreiben? Ja, es ist müßig, aber nicht zu widersprechen ist falsch, denn sonst bleiben die Fakes im Gedächtnis der Menschen und erscheinen als erstes in der Google-Suche. Also bitte, weiter am Ball bleiben, weiter aufklären, weiter informieren, weiter schreiben, weiter reden. Danke!

Auch Bosetti bleibt bei ihrer Aufklärung und das nicht nur unterhalsam, sondern sehr gut aufbereitet: https://www.zdf.de/comedy/bosetti-will-reden/bosetti-will-reden-vom-22-maerz-2023-104.html

Wer an Fake-News glaubt, Wissenschaft politisiert und dem Staat grundsätzlich mißtraut, kann im Zweifel daran sterben, wie eine Studie in den USA zeigt.

Diskutieren sollten wir jetzt in Ruhe, ob alle Maßnahmen während der Pandemie richtig waren, damit man es beim nächsten Mal besser machen kann. War der schwedische Weg vielleicht sogar der Richtige oder eine Mischung aus allen? Sicher ist, bei der nächsten Pandemie machen wir andere Fehler.

 

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