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DIE AUTOREN

Karen Thiel
Seit mehr als 20 Jahren bin ich als selbständige Pharma-Expertin für die Bereiche Medical-Marketing und Patient Support tätig. Ich betreue Biopharma, RX, OTC/OTX, Supplements und apothekenexklusive Kosmetik-Marken als Managerin oder Consultant. Ein besonderes Spezialgebiet von mir ist der Aufbau von Patienten-Support-Programmen. Auch Online/Social-Media-Aktivitäten im Healthcare-Bereich zählen zu meinen Kernkompetenzen. Meine Firma heißt KT Projekt. Mein Angebot sowie eine Referenz- und Projektliste finden Sie unter www.ktprojekt.de.
Dr. Martina Hänsel
In der Pharmabranche arbeite ich seit mehr als 20 Jahren und bin seit über acht Jahren freiberufliche Beraterin mit Schwerpunkt auf medizinisch-wissenschaftliche Beratung, Kommunikation und Interim Management. Außerdem absolviere ich einen Master-Studiengang Regulatory Affairs.

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Früherkennung ist zu spät

Ja, Früherkennung ist wichtig, aber Vermeidung ist viel wichtiger. Denn was eine Chemo- und ggf. Antikörpertherapie für die Betroffenen bedeutet, kann sich keiner vorstellen, der das noch nicht mitgemacht hat. Warme Worte nutzen da gar nichts, machen eher wütend.

Manches lässt sich nicht vermeiden, es ist einfach Pech. Aber es gibt Hinweise, die darauf schließen lassen, wie hoch das mögliche Risiko ist, beispielsweise an Brustkrebs, zu erkranken. Ein wichtiger zukünftiger Ansatzpunkt für KI (künstliche Intelligenz) in der Medizin wird es sein, solche Wahrscheinlichkeiten auszurechnen und – wenn möglich – Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Bei Brustkrebs ist es möglich.

Was ist eigentlich Brustkrebs?

Abgesehen davon, dass es eine Tumorerkrankung der Brustdrüse ist, gibt es unterschiedliche Formen von Brustkrebs:

  • Hormonrezeptor positiver Brustkrebs (HR+) – die häufigste Form des Brustkrebs
    • Östrogenrezeptor positiv ER+ (Score bis 12+)
    • Progesteronrezeptor positiv PR+ (Score bis 12+)
  • HER2-Rezeptorpositiver Brustkrebs (Score bis 5+), ca. 15 % der Brustkrebspatient:innen sind davon betroffen (Ist der Score nur 2+ spricht man von HER2-low, was Richtung Triple-Negativ geht.)
  • Triple-Positiver Brustkrebs (eine Mischform aus hormonabhängigem ER+/PR+ und HER2-Rezeptorpositivem Brustkrebs)
  • Triple-Negativer Brustkrebs (keine Rezeptoren sind positiv)

Wird beispielsweise über das Mammographie-Screening ein hormonabhängiger Brustkrebs früh erkannt, ist er heutzutage sehr gut heilbar. In vielen Fällen reichen eine OP mit nachfolgende Bestrahlung und Hormontherapie. Diesen Brustkrebs haben die meisten Menschen vor Augen und kennen Beispiele aus dem Bekanntenkreis, die vor Jahren geheilt davon wurden. Patient:innen mit frühem hormonabhängigem Brustkrebs haben die beste Prognose.

Davon können HER2-Rezeptorpositive und Triple-Negative Brustkrebspatient:innen nur träumen. Bei ihnen ist sogar im ganz frühen Stadium (T1, N0, M0*) eine Chemotherapie unerlässlich. Bei HER2-Brustkrebs wird die Chemo mit einer Antikörpertherapie kombiniert, was ein echter Fortschritt bei der Überlebensrate gebracht hat. Die Therapien erfolgen neoadjuvant, also vor der OP und Bestrahlung.

In ca. 40 % der HER2-Fälle geht es dann bei weiter mit einer Antikörper-Konjugat-Therapie, nämlich bei allen, bei denen während der neoadjuvanten Chemo-Antikörpertherapie keine Komplettremission stattgefunden hat, sondern im OP-Präparat immer noch Tumormasse war. Ein Zeichen, dass mit dem Tumor nicht zu spaßen ist. Triple-Negativen Patient:innen bleibt leider grundsätzlich nur eine Chemotherapie. Sie haben die schlechteste Prognose.

Eine Antikörper-Konjugat-Therapie ist häufig besser verträglich als eine reine Chemotherapie, aber sie ist nicht nebenwirkungsfrei und verlängert den Lebensqualitätsverlust um ca. ein weiteres Jahr. In vielen Fällen können die bereits nachgewachsenen Haare wieder ausfallen.

Was können die Ursachen für Brustkrebs sein?

Eine bekannte Ursache ist die genetische Vererbung der Brustkrebsgene BRCA 1 und 2, wobei es noch weitere Gene gibt. Die meisten haben davon schon gehört, denn Angelina Jolie hat sich aufgrund der Brustkrebsgene vorsorglich die Brustdrüsen entfernen lassen.

Außerdem ist familiärer Krebs ein Risikofaktor. Das kann auch Darmkrebs sein, es müssen also nicht zwingend Brustkrebsfälle in der Familie aufgetreten sein.

Für das Entstehen von Brustkrebs spielen u. a. folgende Faktoren eine Rolle:

  • Nicht beeinflussbare Faktoren
    • Alter
    • Dichtes Brustgewebe
    • Aufgetretene Mikroverkapselungen
    • Vorerkrankungen und Vortherapien
    • Kinderlosigkeit
  • Beeinflussbare Faktoren
    • Keine oder zu kurze Stillzeiten
    • Adipositas
    • Fehlende Bewegung
    • Ungesunde Ernährung mit viel Fast Food und wenig Ballaststoffen
    • Rauchen
    • Alkoholkonsum, auch moderater
    • Hormonersatztherapie mit Estrogen und Progesteron

Wahrscheinlich gibt es noch mehr Faktoren, die noch nicht bekannt sind. Kann man aus den genannten Faktoren einen Wahrscheinlichkeit berechnen, ob sich im späteren Leben eine Brustkrebserkrankung entwickelt? Möglicherweise ja, aber anscheinend sind die Daten bis heute wenig belastbar, deshalb wird es nicht kommuniziert. Ansonsten würden nicht so viele Frauen nach der Krebsdiagnose völlig sprachlos sein, weil sie damit nicht gerechnet haben.

Konsequenzen aus der Vorhersagbarkeit

Was nutzt einem aber die Wahrscheinlichkeit, mit der man an einem Tumor erkranken wird, wenn es keine Konsequenzen daraus gibt? Bei Brustkrebs könnte es diese geben, nämlich eine Mastektomie, wie sie Angelina Jolie hat durchführen lassen. Eine vorsorgliche Entfernung der Brüste ist bis dato noch ein No-Go in Deutschland. Künstliche Brüste aus „Schönheitsgründen“ oder wegen einer Geschlechtsumwandlung sind kein Thema, aber wenn eine Frau äußert, dass sie eben keinen männlichen Blick auf Brüste hat und diese lieber entfernt bekommt, um eine mögliche Chemotherapie zu vermeiden, wird ihr entweder nicht geglaubt oder die Idee als völlig abwegig abgeurteilt.

Zumindest die Autorin hätte dazu gerne die Chance gehabt über eine vorbeugende Mastektomie zu entscheiden. Über ihr persönliches Risiko wurde sie nie aufgeklärt und da keine Brustkrebsfälle in der Familie bekannt waren, ist sie auch gar nicht auf die Idee gekommen Dr. Google zu fragen wie hoch ihr persönliches Risiko ist.

Die Leistung einer vorbeugenden Mastektomie wird in den meisten Fällen nicht von den Kassen übernommen und somit sind alle Folgeerkrankungen, die natürlich nach jeder OP auftreten können, nicht von der Kasse gedeckt. Die OP und mögliche Folgen müssen gesondert versichert werden, wie bei einer Schönheitsoperation.

Nach einer Mastektomie ist man übrigens nicht 100%ig vor Brustkrebs geschützt, ca. 5 % der Patient:innen entwickeln trotzdem Brustkrebs. Die Brustwarze oder der Brustansatz sind mögliche Herde, wobei die Frage erlaubt ist, ob es vielleicht auch am Operateur liegt. Um vorbeugende Untersuchungen kommt man also weiterhin nicht herum. Trotzdem ist das Risiko natürlich deutlich gemindert.

Achtung Presse

Wäre eine Mastektomie als Vorbeugung zugelassen, kann man sich zukünftige Clickbaiting-Berichte sehr gut vorstellen, dass Frau XY aus reiner Geldgier genötigt wurde, sich die Brüste entfernen zu lassen und sie hätte bestimmt keinen Brustkrebs bekommen. Letzteres kann keiner wissen, man macht es ja, um Brustkrebs gar nicht erst kennenzulernen. Aber die Presseartikel kennt man bereits im Vorfeld.

Persönliches Fazit

Wäre der Autorin ihre persönliche Wahrscheinlichkeit für eine Brustkrebserkrankung bekannt gewesen, sie hätte sich zu einer Mastektomie entschieden und wäre froh, nicht die Bekanntschaft mit einer Chemotherapie gemacht zu haben. Brustkrebs ist eben nicht Brustkrebs und in manchen Fällen ist Früherkennung eindeutig zu spät!

 

Weiterführende Infos und Artikel:

https://pharma-fakten.de/news/krebspraevention-worauf-es-wirklich-ankommt/

https://pharma-fakten.de/news/brustkrebs-arzneimittelinnovationen-retten-leben/

Die mediale Diskussion über Krebsvorsorgeprogramme, speziell Mammographie

mRNA-Technologie zur Krebsbekämpfung

 

 

*T = Tumorstadium 1 bis 4 – beschreibt die Größe des Primärtumors. T1 ist unter 2 cm und somit ein frühes Tumorstadium

N = Nodus = Knoten, steht dafür, ob die Lymphknoten befallen sind. N = 0 bedeutet also, kein Lymphknoten ist befallen

M = Metastasen, M0 bedeutet also, dass der Primärtumor noch nicht metastasiert ist

 

Titelbild: Fotolia_40155689_S_copyright (v. März 2015)

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