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DIE AUTOREN

Karen Thiel
Seit mehr als 20 Jahren bin ich als selbständige Pharma-Expertin für die Bereiche Medical-Marketing und Patient Support tätig. Ich betreue Biopharma, RX, OTC/OTX, Supplements und apothekenexklusive Kosmetik-Marken als Managerin oder Consultant. Ein besonderes Spezialgebiet von mir ist der Aufbau von Patienten-Support-Programmen. Auch Online/Social-Media-Aktivitäten im Healthcare-Bereich zählen zu meinen Kernkompetenzen. Meine Firma heißt KT Projekt. Mein Angebot sowie eine Referenz- und Projektliste finden Sie unter www.ktprojekt.de.
Dr. Martina Hänsel
In der Pharmabranche arbeite ich seit mehr als 20 Jahren und bin seit über acht Jahren freiberufliche Beraterin mit Schwerpunkt auf medizinisch-wissenschaftliche Beratung, Kommunikation und Interim Management. Außerdem absolviere ich einen Master-Studiengang Regulatory Affairs.

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Maskenpflicht – eine „zumutbare Zumutung“

Zugegeben: In Geschäften und im Nahverkehr einen Mund-Nasenschutz zu tragen, ist nicht immer einfach. Aber dass sie abgeschafft gehört sollen, um den Konsum anzukurbeln, wirft die Frage auf, ob wir schon vergessen haben, dass wir uns in einer Pandemie befinden.

Die wöchentliche Kolumne „Zwischenruf aus Berlin“ des aktuellen Stern (1) hat die Autorin doch sehr irritiert: Vom „Gesichtslappen“ ist da die Rede, vom „würgenden … Schnauftuch“: Der Maskenzwang nehme den Bürgern die Lust zum Einkaufsbummel und hemme damit den Aufschwung durch Konsum. Und dabei ist doch so schön die Mehrwertsteuer gesenkt worden!

Schon vergessen? Die Pandemie ist noch nicht vorbei. Auch wenn in Deutschland die Infektionszahlen insgesamt zurückgehen, steigt die Anzahl der weltweit Infizierten und leider auch die Zahl der Toten unaufhörlich (aktuelle Zahlen hier). Jeden Tag gibt es weltweit rund 200.000 neue Fälle.

So verlockend und schön es auch wäre: Wenn wir einfach übergangslos zum „normalen Alltag“ von Ende Februar/Anfang März übergehen, haben wir auch exakt die gleiche Ausgangssituation wie Anfang März:

Wir haben eine übertragbare Erkrankung, gegen die es zurzeit weder eine Impfung noch eine kausale Therapie gibt.

Die Krankheit kann auch von Menschen weitergegeben werden, die noch keine Symptome haben. Ein Hauptübertragungsweg sind Aerosole. In Deutschland gab es Anfang März nur wenige Hundert Infizierte – weniger als jetzt. Und (noch) eine Halbwegs-Normalität, bevor die ersten Großveranstaltungen abgesagt wurden: keine Maskenpflicht, kein Abstandsgebot, man schüttelte sich die Hände zur Begrüßung, traf sich in Gruppen … Und was passierte: Die Infektionszahlen gingen hoch, das Virus breitete sich ungebremst und exponentiell aus (2). Erst die Absage von Großveranstaltungen, das zunächst freiwillige Abstandhalten und der Lockdown ab Mitte März ließen die Zahlen wieder sinken und die Kurve abflachen.

Geändert hat sich seidem wenig:

Die Erkrankung ist noch immer wenig bekannt, es gibt immer noch weder eine Impfung noch eine kausale Therapie. Wir haben relativ wenige Infizierte in Deutschland (zum gegenwärtigen Zeitpunkt ca. 6.500; Quelle), darüber hinaus kann man vorsichtig davon ausgehen, dass 183.153 Menschen in Deutschland für eine noch unbekannte Zeitdauer immun sind. Noch immer könnte sich beim Übergang zur „alten Normalität“ das Virus genauso ungehemmt ausbreiten wie Anfang März.

Vielleicht hat die beklagte Unlust zum Konsum ja auch andere Ursachen als das Tragen einer Gesichtsmaske?

Wie zum Beispiel Existenzangst durch die Gefährdung ganzer Branchen, Geldmangel durch Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit oder Zukunftsangst? Es wird erwartet, dass die Deutschen Hunderte Millionen Euro an Einkommen verlieren (Quelle). Oder gibt es vielleicht doch auch ein zaghaftes Umdenken zu weniger Konsum nach der Krise? Die Deutschen haben viel zu viel Besitz. Viele haben die Zeit des Lockdowns genutzt, um sich vom Überflüssigen zu befreien. Die Krise hat gezeigt, dass unsere Gesellschaft sehr angreifbar ist und dass es Wichtigeres gibt als kaufen, kaufen, kaufen.

Die Autorin hat jedenfalls noch nie so wenig Lust auf einen Einkaufsbummel verspürt wie zur jetzigen Zeit – ob mit oder ohne Maske.

Masken müssen kein „Nährboden für Bakterien und Pilze“ sein

Auch das Argument, dass manche Träger ihre Masken „zwei Wochen lang immer wieder vor den Mund schnallen, wahrscheinlich ungewaschen“ (Professor Hendrick Streek, zitiert in (1)), spricht nicht wirklich gegen die Maskenpflicht. Genausogut könnte man sagen, das Tragen eines Slips wäre sinnlos, weil möglicherweise mancher Slip zwei Wochen lang ungewaschen getragen wird… Beides mag man sich gar nicht vorstellen. Zum häufigen Maskenwechsel bzw. Waschen rät bei den Meisten schon der gesunde Menschenverstand, so unsere Meinung.

Man trägt Maske in der Öffentlichkeit, um andere vor einer Ansteckung durch Tröpfcheninfektion zu schützen. Und man vertraut darauf, dass andere dies für einen selbst auch tun. Masken erinnern auch daran, dass die weltweite Infektionswelle noch immer anwächst. Und, um SPD-Chef Norbert Walter-Borjans zu zitieren: sie sind „eine Zumutung, aber eine zumutbare Zumutung“.

Oder, um auf die eingangs zitierte Kolumne (1) zurückzukommen: Statt „Jetzt wird wieder in die Maske geschnauft. Und deshalb leider gar nicht eingekauft.“: Lieber in die Maske geschnauft als nie mehr wieder eingekauft.

 

Bild: PressFeatures by Pixabay

(1) „Zwischenruf aus Berlin: Totentanz im Warenhaus“, Hans-Ulrich Jörges, Stern 29, 9.07.2020

(2) Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019(COVID-19), 31.03.2020

Siehe auch die Blogbeiträge:

Der goldene Mittelweg – nicht langweilig, sondern erfolgreich

Zwischen Russisch Roulette und Ausgrenzung: Der Immunitätspass ist glücklicherweise vom Tisch

Weitere Beiträge zum Coronavirus in diesem Blog:

Dr. Wolfgang Wodarg und die Coronakrise

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