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DIE AUTOREN

Karen Thiel
Seit mehr als 20 Jahren bin ich als selbständige Pharma-Expertin für die Bereiche Medical-Marketing und Patient Support tätig. Ich betreue Biopharma, RX, OTC/OTX, Supplements und apothekenexklusive Kosmetik-Marken als Managerin oder Consultant. Ein besonderes Spezialgebiet von mir ist der Aufbau von Patienten-Support-Programmen. Auch Online/Social-Media-Aktivitäten im Healthcare-Bereich zählen zu meinen Kernkompetenzen. Meine Firma heißt KT Projekt. Mein Angebot sowie eine Referenz- und Projektliste finden Sie unter www.ktprojekt.de.

Dr. Martina Hänsel
In der Pharmabranche arbeite ich seit mehr als 20 Jahren und bin seit über acht Jahren freiberufliche Beraterin mit Schwerpunkt auf medizinisch-wissenschaftliche Beratung, Kommunikation und Interim Management. Außerdem absolviere ich einen Master-Studiengang Regulatory Affairs.

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Die Zukurzgekommenen – Wer brüllt lauter?

Man kennt sie, die Egozentriker, die Zukurzgekommenen, die Geltungssüchtigen, die Narzisten, Männer mit dem „Kleinen-Mann-Syndrom“, die Menschen mit einer querulatorischen Persönlichkeitsstörung, die Nie-Zufriedenen, die Regierungskritiker, die Verschwörungstheoretiker, die Hass-Poster. Wer keinen von diesen Herrschaften im eigenen Bekanntenkreis hat, was die Autorin bezweifelt, kann diese Personen bei Facebook kennenlernen. Wie konnte es dazu kommen, dass die Gesellschaft sich so auseinander dividiert wie in den letzten Jahren und momentan insbesondere bei der Coronakrise?

Verschwörungstheorien über die Coronavirus-Pandemie

Egal wie sie heißen, Wolfgang Wordarg, Attila Hildmann, Ken Jebsen und einige andere mehr oder weniger Prominente. Diese Männer eint: Die Maßnahmen gegen das Cornavirus in Frage stellen und Verschwörungstheorien verbreiten. Es ist eine illustre Gesellschaft aus Impfgegnern, Linken, Rechten, Esoterikern, Reichsbürgern, Faschisten, Antifa und Verschwörungstheoretikern. In seinem Kommentar Covidioten sind unter uns“ schreibt Michael Hanfeld in der FAZ:

„Sie okkupieren die Debatte. Sie verdrängen rationales Nachdenken und Reden über angemessenes staatliches Handeln.“

In den Focus der Verschwörungstheorie ist auch Bill Gates durch Ken Jebsen geraten. Gut, Microsoft mag die Autorin persönlich auch nicht, aber Bill Gates als „Hacker“ der Bundesrepublik zu beschreiben, der die Gesundheitsbehörden unterwandert und Hauptgeldgeber der WHO sei, um eine Impfpflicht durchzusetzen, an der er am meisten verdient, ist nicht nur falsch, wie Correctiv entlarvt, sondern so abstrus wie ein James-Bond-Film, indem der Bösewicht immer die Weltherrschaft haben will. Die Weltherrschaft hat Gates übrigens bereits durch seine Software. Die verleumdenden Texte werden von den Verleumdern in „Word“ getippt und in „PowerPoint“ präsentiert. Wirklich lachhaft! Glücklicherweise gibt es Faktenchecker wie Correctiv, Sophie Passmann und andere.

Was ist der Grund für die Aggressivität?

In der Rheinischen Post gibt Psychologin Pia Lamberty, Doktorandin am Lehrstuhl für Sozial- und Rechtspsychologie der Johannes Gutenberg Universität in Mainz, folgende Antwort:

„Immer dann, wenn Menschen das Gefühl von Kontrollverlust haben, glauben sie tendenziell eher an Verschwörung und sehen Muster, wo vielleicht keine sind.“

Es mag sein, dass viele mit der Situation eines Lockdowns nicht zurechtkommen und in der Coronavirus-Pandemie einen Kontrollverlust sehen. Aber in Deutschland? Der Lockdown war verglichen mit Spanien, Frankreich und Italien harmlos.

Und dann gibt es noch die, die mit dem Lockdown gut klarkommen, denen aber einfällt, dass sie doch eigentlich, u. a. wegen der Flüchtlingskrise, total gegen die Regierung waren und nun ihre Geschütze wieder hochfahren und jede erdenkliche Möglichkeit nutzen, um Fake News oder Halbwahrheiten zu verbreiten.

Macht Schweden es besser als der Rest Europas?

Als Vorbild wird gerne Schweden aufgeführt, das mit der Krise besser umgegangen wären als alle anderen europäischen Länder. Schweden hatte ebenfalls Einschränkungen, die aber weniger drastisch ausfielen: Büroarbeit remote, keine Veranstaltungen über 100 Personen, gesperrte Altenheime, Hygiene und Abstandsregeln. Allerdings: Die Todeszahl auf 100.000 Einwohner ist in Schweden dreimal so hoch wie in Deutschland!

Und um einer Spekulation schon die Antwort vorweg zu nehmen: Das Gesundheitssystem in Schweden ist gut aufgestellt und somit nicht der Grund für die hohen Todeszahlen. In Stockholm soll sogar schon eine sog. Triage durchgeführt worden sein: an Covid-19 erkrankte Menschen mit Vorerkrankungen über 60 und Menschen über 80 Jahre wurden nicht behandelt. Ein Verfahren, das auch für Deutschland von einigen grundsätzlich gefordert wurde, um die Wirtschaft zu retten. Daran ist folgendes zu kritisieren:

  • Das Recht auf Leben! Ist älteren Menschen das Recht abzusprechen noch Jahre leben zu dürfen, nur damit es nicht zu einem Lockdown kommt? Eine solche Forderung nach aktiver Sterbehilfe ist nicht nur unethisch sowie altersdiskriminierend, es ist auch reiner Egoismus und zeigt die Arroganz der Jüngeren, die übrigens auch einmal alt werden. Eine Triage ist im Notfall sinnvoll, aber genau diesen Notfall haben wir mit dem Lockdown erfolgreich verhindert.
  • Die Überlastung eines Gesundheitssystems kann schneller auftreten als sich Laien vorstellen können. Auch ein gutes Gesundheitssytem wie in Deutschland ist davor nicht gefeit.

Folgende Tabelle listet die Covid-19-Sterberate pro 100.000 Einwohner in einigen europäischen Ländern auf (Stand: 10. Mai 2020):


Belgien                         75,1
Spanien 56,7
Italien 50,3
Großbritannien 47,5
Frankreich 39,3
Schweden 31,6
Irland 29,8
Luxemburg 16,6
Portugal 11,0
Dänemark 09,1
Deutschland 08,9

Die Tabelle zeigt: Deutschland steht gut da. Der Lockdown war in seinem Ausmaß vernünftig und nicht übertrieben. Fraglich ich eher, ob die aktuellen Öffnungen nicht doch verfrüht sind. Das bleibt abzuwarten.

Warum Spanien so hart betroffen ist im Vergleich zum Nachbarland Portugal, analysiert der hier verlinkte Artikel.

Fehler der Politik während der Pandemie

Wo viele unbekannte Faktoren sind, kommt es auch zu Fehlern. In einigen Fällen haben die Verantwortlichen kein gutes Bild abgegeben:

  • Ein Kritikpunkt an die Regierung gerichtet ist der, dass die RKI-Pandemiepläne, die weit vor der Coronavirus-Pandemie vorlagen, nicht zu einer Vorsorge mit Schutzkleidung und Masken geführt hat.
  • Da es keine Schutzmasken gab, wurde der Effekt von Masken zu Beginn der Pandemie heruntergespielt. Wenn alle Menschen vom ersten Tag an eine Maske getragen hätten, wäre zumindest ein gegenseitiges Anstecken reduziert worden. Um wieviel ist allerdings noch nicht erforscht.
  • Auch das Robert-Koch-Institut gibt nicht immer eine gute Figur ab. Der Präsident Lothar Wieler ist nicht gerade mediengeübt und kann neue Erkenntnisse nicht so erklären, dass die nicht als Widersprüche wahrgenommen werden bzw. nimmt zu Vorwürfen keine Stellung. Beispiele: Schutzmasken, Testung, R-Wert, Angabe wieviel Erkrankte es unter den Gesundheitsberufen gibt, Zahlenverhälnisse.
  • Die Debatte über die Öffnung nach dem Lockdown ist nicht mehr mit Verstand und wissenschaftlichem Background erfolgt, sondern wurde als Wahlkampf genutzt, vor allem zwischen den Ministerpäsidenten von NRW und Bayern.
  • Sehr unglaubwürdig hat sich das Innenministerium mit einem internen Bericht eines Mitarbeiters gemacht, indem von einem: „globalen Fehlalarm“ gesprochen wird. Angeblich eine Einzelmeinung, aber gefundenes Fressen für die Lockdown-Gegner, wie Herrn Tichy, der auf „Tichys Einblick“ den Bericht veröffentlicht. Dazu kamen natürlich unendlich viele Facebook-Posts. Hier ein Screenshot als Beispiel:
Screenshot eine Facebook-Posts
Ein öffentlicher Post von Gunter Frank in Facebook.
Facebook-Diskussion
Diskussion auf den Facebook-Post von Gunter Frank mit einer Frage der Autorin, die von Frank nicht beantwortet, aber von einem Leser treffend kommentiert wurde: „Das würde bedeuten, nahezu die gesamte Welt fällt auf einen Betrug herein“. In der Tat sehr unwahrscheinlich.

Krise wird nicht als Chance gesehen

Jede Krise bietet auch eine Chance, aber diese Binsenweisheit scheint aus der Mode gekommen zu sein. Viel besser „verkaufen“ sich Verschwörungstheorien. Keiner fragt, ob in der Vor-Corona-Zeit alles richtig war. Muss wirklich jeder Mensch für einen Schnäppchenpreis fliegen, müssen soviele Kreuzfahrtschiffe nicht nur die Umwelt (und Venedig) ruinieren, sondern auch anderen Touristen den Urlaub vermiesen? Müssen soviele Autos auf den Straßen fahren bzw. zur Arbeit morgens im Stau stehen?

Hat jemand schonmal darüber nachgedacht, dass viele Selbständige, zu der auch die Autorin gehört, nicht gut vorgesorgt haben? (Es kann nämlich immer mal zu Umsatzeinbrüchen kommen, deshalb hat man normalerweise ein Polster für solche Zeiten.) Oder muss sich wirklich jeder selbst verwirklichen im Job statt auch mal Tätigkeiten zu übernehmen, die nicht dem Ego dienen, aber für eine Indutrienation wie Deutschland wichtig sind und die dringend gesucht werden?

Muss man wirklich Konzerne retten? Kann eine gesunde Wirtschaft wirklich nur auf Wachstum beruhen? Wenn die ganze Welt einen Wirtschaftseinbruch hat, sitzt man dann nicht weltumspannend in einem Boot und erholt sich die Weltwirtschaft nicht  gemeinsam Schritt für Schritt? Solche Fragen muss man durchaus stellen. Aber darum geht es den Anti-Lockdown-Aktivisten nicht. Es geht nur um das „Ich“, den persönlichen Fun, den akutell einige vermissen.

Publizisten aktiv in Verschwörungsforen

Auffällig ist, dass sich viele Publizisten oder andere Medienmenschen an den Wortgefechten beteiligen und sich darin überbieten.

„Sie negieren, was die Virus-Pandemie bedeutet, sie lassen außer Acht, was diese in anderen Ländern anrichtet. Sie profitieren von der Umsicht, die in unserem Land dazu beigetragen hat, die Lage einigermaßen zu beherrschen.“

schreibt Michael Hanfeld in dem FAZ-Kommentar Covidioten sind unter uns“.

Ja, eine parolenschwingende Minderheit, die aber Facebook dominiert. Wie schon im vorletzten Blogbeitrag kommentiert: Es geht um Clicks, um Auflagen, um Selbstdarstellung, um Bashing, nicht um Diskussion.

Interessanterweise stilisieren sich die Verschwörungstheoretiker durchaus als Opfer. Sie behaupten, indem man sie als Verschwörungstheoretiker diffamiert, möchte man die Meinung unterdrücken und appelieren an die Meinungsfreiheit. Wenn es keine gäbe, könnten sie ihre Meinung gar nicht posten, der Umkehrschluss scheint nicht zu existieren. Dass ihre Theorie entlarvt wird, sehen sie nicht. In dieses Horn bläst zur Zeit sogar der konservative Teil der katholischen Kirche. Hier ist tatsächlich mal ein lauter Lacher angebracht!

Die sozialen Medien befeuern die Spaltung

Janne Kieselbach führt im Spiegel ein Interview mit dem Rhetoriker Olaf Kramer. Er sagt auf die Frage, ob die sozialen Medien eine Mitschuld an der Spaltung der Gesellschaft haben:

„In der Tat wird die Polarisierung dadurch begünstigt und vorangetrieben, dass sich einzelne Interessen- und Glaubensgruppen in den sozialen Medien bilden und dort auch Rückhalt finden für ihre Positionen – so merkwürdig sie sein mögen. Im Gegensatz zu einer Zeit, als sich die Nation abends vor der „Tagesschau“ versammelte und einen gemeinsamen Wertekonsens vorgelebt bekam, ist es jetzt viel schwieriger, den gemeinsamen Boden zu schaffen. Dazu kommt, dass Kommunikation im Internet sehr dynamisch ist. Es entstehen schnell Empörungswellen, die Gesellschaften auseinandertreiben.“

Der Stammtisch von früher hat sich zu Facebook und Instagram verlagert und findet dort durch leichtes Klicken auf 👍🏻 viele Anhänger. Oft werden aber die gelikten Artikel gar nicht gelesen, daher kann man davon ausgehen, dass einige der „Liker“ gar nicht hinter dem Inhalt stehen oder überhaupt nicht wissen, was sie angeblich mögen. Ein kleiner Trost.

Persönliche Konsequenzen

Für die Autorin ist damit das Thema beendet. Sie hat sich per Facebook von einigen Bekannten entfreundet, um deren geteilten Verschwörungs-Posts nicht weiter ansehen zu müssen. Vernunft wird nicht eintreten und für die Autorin gibt es kein Zurück in die Vor-Corona-Zeit. Ein Glück, sie hat viel gelernt und dem Lockdown auch viele positive Seiten abgewonnen. In manchen Situationen lernt man, wer Freund und wer Feind ist.

 

Foto: Bild von Pixabay

9 Kommentare

  1. Nun gibt es noch eine Untersuchung zum Präventions-Paradox: Gerade weil vorbeugende Maßnahmen greifen, gibt es keine Belege über ihre Wirksamkeit.

    In folgendem Artikel wird aufgezeigt, dass die ergriffenen Maßnahmen die Pandemie in Deutschland wirkungsvoll eindämmen konnten. https://www.scinexx.de/news/medizin/corona-was-hat-der-lockdown-gebracht/?fbclid=IwAR2VM0Ns0Y8BRzs1cMP08s25_y3_H0SBWuGgIohH5xmN4mJECtD5ncskNGI

    Wir sollten uns also freuen statt hetzen und uns gratulieren statt demonstrieren!

  2. Immer wieder wird bemängelt, dass aufgrund der Obduktionsberichte kein einheitliches Bild des Covid-19-Todes entsteht und die Menschen doch nicht am Virus, sondern an Herz-, Leber- oder der Raucherlunge gestorben sind. Covid-19 erzeugt kein einheitliches Bild. Dr. Spinner, Infektiologe am Klinikum Rechts der Isar hat folgendes zu berichten:

    „Im Grunde kann Covid-19 jede Zelle treffen“ https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/coronavirus-viren-krankheitsverlauf-organge-100.html

  3. Und noch ein empfehlenswerter Link: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus/corona-falschinformationen-virologe-drosten-kritisiert-aerzte-16767233.html?GEPC=s9&GEPC=s5&premium=0x74bb2e97f69e6f9b96f5165b71e47f21

    Dazu habe ich auf meiner KT Projekt-Facebookseite geschrieben (auch auf die Gefahr eines Shitstorms):

    „So hart es klingt, aber Mediziner sind nicht per se Naturwissenschaftler. Die meisten sind eher Handwerker.

    Aus Erfahrung kann ich das bestätigen, da wir gemeinsame Vorlesungen und Kurse in der Uni hatten und nur wenige angehende Ärzte an Naturwissenschaften ernsthaft interessiert waren. Abgesehen davon, dass sie in den Prüfungen deutlich weniger Fragen beantworten mussten. Ich gebe zu, wir haben uns deshalb über Mediziner gerne lustig gemacht.

    Auch die meisten der sog. Doktorarbeiten der Ärzte sind noch nicht einmal auf dem Niveau einer Diplom- oder Masterarbeit. Daher sollte man unbedingt etwas vorsichtig sein was Aussagen von Ärzten angeht.“

  4. Es scheint ein allgemeiner Schockzustand über die Aggressivität und die Emotionalität der Demonstranten zu herrschen. Gerade die Impfgegner radikalisieren sich weiter. Es erscheint ein Artikel/ein Beitrag nach dem anderen, z. B. dieser von heute: https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Experte-ueber-Impfgegner-in-Corona-Krise-Die-radikalisieren-sich-weiter-id57299616.html?fbclid=IwAR3wyKu_v8UzaxO2znPSwzquvn-NqAUAeb_iA931v64WFUhBmsZ5_oRj1KI

    Zitat aus dem verlinkten Artikel, ein Interview mit Bernd Harder von Jan-Luc Treumann: „Ein Journalist hat kürzlich darüber geschrieben, welche Weltanschauungen nach der Corona-Krise nicht überleben werden und hat auch die Impfgegner genannt. Der Gedanke dabei war: Jetzt müssten die Leute doch sehen, was in einer Welt passieren würde, in der es keine Impfungen gibt, in der sie jedem gefährlichen Erreger ausgeliefert wären. Das ist eine naive Vorstellung. Bei den radikalen Impfgegnern in Deutschland passiert eher das Gegenteil. Die radikalisieren sich im Moment immer weiter. Das sieht man ja auch jetzt in Berlin, an diesen sogenannten Hygiene-Demos, die samstags stattfinden. Da sind auch auffallend viele Impfgegner dabei. Eines ihrer Idole, Hans Tolzin, hat gleich zu Beginn der Corona-Krise einen Preis von 100.000 Euro ausgelobt, dass ihm jemand beweisen soll, dass das Virus existiert.“

    Und: „Viele Impfgegner sitzen zum Beispiel in Berliner Nobelvierteln, wie dem Prenzlauer Berg. Das ist kein Bildungsproblem, im Gegenteil. Impfgegner vertrauen eher ihrem Gefühl als Fakten und haben die Einstellung, dass alles aus der Natur gut ist. Aber Giftpflanzen, Skorpione, Erdbeben, das gehört auch zur Natur. Eine andere Sache ist, wie man sich radikalisiert: Es gibt häufig ein Grundmisstrauen gegenüber dem Staat, seinen Institutionen und dem Gesundheitssystem. Die seien alle pharmahörig und wollten uns nur krank machen.“ Hier möchte ich der jahrelangen negativen Berichterstattung der etablierten Medien über die Pharmaindustrie und das Gesundheitssystem eine Mitschuld geben und auf den Blogbeitrag „Die Geister, die die Medien riefen“ verweisen. Es ist ein unglaubliches Mißtrauen geschürt worden. Und nun stehen auch die Medien vor einem Scherbenhaufen.

    Heute musste ich außerdem in einem Facebook-Post lesen: „Der Schwarz-Rot-Grüne-Mainstream“. Also ca. 60 bis 70 % der Bevölkerung werden nun als Mainstream bezeichnet und die Grünen haben es geschafft dort hineinzukommen. AfD, Linke, Impfgegner, Esoteriker, Schamanen und Verschwörungstheoretiker sind folglich kein Mainstream. Ein Glück! Sie stehen im Abseits und da sollen sie auch bleiben.

  5. Eine mögliche Erklärung für solche Denkweisen liefert der Artikel „Solange Dummheit kein Gesetz verletzt, ist sie ein Grundrecht“ von Frank Nägele aus dem „Kölner Stadtanzeiger“ vom 12.05.2020 (https://www.ksta.de/politik/corona-leugner-solange-dummheit-kein-gesetz-verletzt–ist-sie-ein-grundrecht-36681810):
    „Viele Dinge, die unser altes Leben ausgemacht haben, sind immer noch unmöglich; und andere, die unser Leben jetzt ausmachen, werden permanent in Frage gestellt. Jedem Einzelnen ist bewusst gemacht worden, welche Verantwortung er trägt. Er kann durch das Auslösen einer Infektionskette mit Schuld daran sein, dass es schief geht. … Das ist alles sehr viel auf einmal. Dieses Leben ist anstrengend und bedrohlich, es erfordert mehr Kraft von uns als alles, was wir zuvor da draußen kennengelernt hatten. Es bringt uns einerseits auf komische Gedanken und macht uns andererseits empfindsamer für die komischen Gedanken anderer.
    Und hier sehe ich schon die Erklärung. Es ist offensichtlich für manche Menschen leichter, sich in eine Welt zu flüchten, die es nicht gibt, als diese auszuhalten, in der wir jetzt leben müssen. Wir können das Dummheit nennen. Aber so lange dadurch kein Gesetz verletzt wird, ist sie ein Grundrecht.“

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