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DIE AUTOREN

Karen Thiel
Seit mehr als 20 Jahren bin ich als selbständige Pharma-Expertin für die Bereiche Medical-Marketing und Patient Support tätig. Ich betreue Biopharma, RX, OTC/OTX, Supplements und apothekenexklusive Kosmetik-Marken als Managerin oder Consultant. Ein besonderes Spezialgebiet von mir ist der Aufbau von Patienten-Support-Programmen. Auch Online/Social-Media-Aktivitäten im Healthcare-Bereich zählen zu meinen Kernkompetenzen. Meine Firma heißt KT Projekt. Mein Angebot sowie eine Referenz- und Projektliste finden Sie unter www.ktprojekt.de.
Dr. Martina Hänsel
In der Pharmabranche arbeite ich seit mehr als 20 Jahren und bin seit über acht Jahren freiberufliche Beraterin mit Schwerpunkt auf medizinisch-wissenschaftliche Beratung, Kommunikation und Interim Management. Außerdem absolviere ich einen Master-Studiengang Regulatory Affairs.

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FSA-Kodex: wieder im Gerede – zurecht?

Am 21. Januar 2020 erschien im Handelblatt ein Artikel über die Freiwillige Selbstkontrolle mit dem Titel: „Undurchsichtige Arznei-Allianz. Zahlungen an Ärzte: Pharmabranche löst Transparenzversprechen nicht ein“ von Jan Keuchel. Wasser auf die Mühlen der Kritiker. Stimmen die Vorwürfe, die Herr Keuchel formuliert? Dem gehen wir nach.

Interview „Diener & Diener“ aus Juli 2018

Fangen wir mit Formalien an. Das Interview war in dem Online-Artikel nicht verlinkt, Hier ist es zu finden: https://www.youtube.com/watch?v=386lhsNyWNc

Das Video wurde im Juli 2018 aufgenommen, also vor der Veröffentlichung des FSA-Jahresberichtes 2018, der Mitte 2019 erschien. Es konnte also nur der Tranparenzbericht 2017 zu dem Zeitpunkt vorliegen.

Der 15. Jahrestag des FSA war im November 2019, also weit nach dem Interview. Der Autor suggeriert aber etwas ganz anderes, indem er das Interview-Video in Bezug zur 15-Jahr-Feierlichkeit bringt. Ein handwerklicher Fehler? Auf jeden Fall nicht ganz schlüssig.

Das Interview wirkt etwas „selbst gestrickt“, ist aber inhaltlich sehr sachlich. Machen Sie sich einfach selbst ein Bild davon.

In dem Interview wird ein wichtiges Thema angesprochen, nämlich dass bei der Veröffentlichung der Zuwendungen durch die pharmazeutische Industrie nur ca. 1/3 der Ärzte mit Namen aufgeführt sind. Der Rest macht von der Möglichkeit Gebrauch aus datenschutzrechtlichen Gründen anonym zu bleiben.

Warum wollten viele Ärzte die Zuwendungen der pharmazeutischen Industrie nicht veröffentlichen?

Wenn Sie Ihren eigenen Namen im Spiegel sehen mit dem Verdacht bestechlich zu sein, wie es die medialen Berichte immer suggerieren, würden Sie bei der nächsten Veröffentlichung zustimmen wieder Ihren Namen zu lesen? Wahrscheinlich eher nicht.

So geschehen am 14. Juli 2016 im Spiegel. Hier konnte man nach Ärzten in seinem Umkreis suchen und sich die Zuwendungen durch die pharmzeutische Industrie anschauen: https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/pharma-industrie-an-diese-aerzte-zahlten-pharmafirmen-geld-a-1102854.html

Dort wurde auch erwähnt, dass der im Interview anzutreffende Prof. Dr. Hans-Christoph Diener der Spitzenreiter der Zuwendungen lt. Spiegelliste war:

„Spitzenreiter unter den namentlich bekannten Geldempfängern ist ein Arzt in Essen: Hans Christoph Diener hat im vergangenen Jahr mehr als 200.000 Euro für Vorträge, Beratung, Fortbildungsveranstaltungen und Spesen erhalten.“

Es mag sein, dass Herr Prof. Diener das Geld redlich verdient hat, trotzdem hat die Sache ein „Geschmäckle“. Es ist tatsächlich mehr als ungeschickt vom FSA genau diese Person zu dem Interview im Jahr 2018 zu laden. Da nutzt auch das Namensspiel Diener & Diener nichts. Handwerklicher Fehler auf Seiten des FSA.

Ob der Vorschlag von Jan Keuchel:

„Denn dem Datenschutz stünde nicht entgegen, wenn die Mitglieder der FSA Geldzuwendungen einfach an die Bedingung knüpften, dass Empfänger ihrer namentlichen Nennung zustimmen. Wer sich nicht outen will, bekäme dann auch nichts.“

datenschutzrechtlich umsetzbar wäre, kann die Autorin nicht beurteilen. Es wäre zumindest eine Maßnahme, die der FSA prüfen sollte. Dann wäre man dieses Problem los.

Zentrale Stelle für die Veröffentlichung

Weiterhin prangert Herr Keuchel an, dass man sich durch die Seiten der verschiedenen FSA-Mitglieder wühlen muss, um sich über Zahlungen an Ärzte zu informieren. Das ist richtig und es wäre sinnvoll, wenn es eine zentrale Website gäbe, die vom FSA gehostet wird. Damit wäre eine noch größere Transparenz gewährleistet.

Forschungsgelder kommen nicht von der Krankenkasse

Prof. Diener weist im Interview daraufhin, dass ohne Gelder der pharmazeutischen Industrie in der wissenschaftlichen Forschung nichts laufen würde. Das ist richtig. Neben der klinischen Forschung und der Erforschung der Krankheit an sich, sind es auch Langzeitdaten, die erhoben werden müssen. Und da sind nicht nur Kliniken gefragt, sondern auch niedergelassene Ärzte. Die viel gescholtenen „Anwendungsbeobachtungen“ sind dafür eine der Möglichkeiten. Sie müssen als „Nicht-Interventionelle Studien“ von der Ethikkomission genehmigt werden. Kritikpunkt dabei ist allerdings, dass die Richtlinien nicht streng genug sind, dies wäre verbesserungswürdig.

Auch Register, die gerade bei Biologika wichtig sind, wollen aufgebaut, gepflegt und betreut werden. Wer soll das bezahlen? Sind die Krankenkassen dafür bereit? Statt einer Antwort: 😂😂😂

Die magere Stellungnahme des FSA zum Handelsblatt-Artikel fasst diesen Punkt zusammen.

„Falsch und im Ergebnis für die Patientinnen und Patienten bedenklich ist hingegen die These des Artikels, aus den steigenden Investitionen der pharmazeutischen Industrie für Forschung und Entwicklung einen vermeintlich negativen Einfluss auf die Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten abzuleiten.

Vielmehr sind die steigenden Investitionen ein Beleg für die Forschungsstärke von pharmazeutischen Unternehmen und den Wert ihrer Kooperation mit Ärztinnen und Ärzten. Nur weil die pharmazeutische Industrie alljährlich Milliardenbeträge für die Entwicklung neuer Medikamente aufwendet – Teile davon auch in der Zusammenarbeit mit Fachkreisangehörigen – können Patientinnen und Patienten alljährlich von innovativen Therapien profitieren.“

Wieder reines Bashing, wenig Substanz

Transparenz ist wichtig und mit dem FSA hat die pharmzeutische Industrie ein gutes Tool geschaffen. Sicherlich gibt es bei allem Verbesserungspotential. Es macht auch Sinn darauf hinzuweisen. Leider ist der Artikel von Herrn Keuchel vorwiegend tendenziös, wenig sachlich. In Summe wurden nur zwei Verbesserungsansätze von der Autorin indentifiziert, an denen der FSA arbeiten sollte.

Im Notfall: anzeigen!

Um die Transparenz weiter auszubauen und mögliche negative Entwicklungen selbst im eigenen Unternehmen den Garaus zu machen, sollte man Verstöße, die meist von Sales oder Marketing ausgehen, wirklich beim FSA melden. Das geht auch anonym: https://www.fsa-pharma.de/de/beschwerde

Im Jahr 2018 wurden immerhin 36 Beanstandungen eingereicht, davon 15 durch eigene Mitglieder. Die Fälle sind dem Jahresbericht zu entnehmen. Wenn man sich die gemeldeten Fälle allerdings durchliest, ist man sprachlos über welche Nichtigkeiten man sich mittlerweile aufregt, u.a. aufgrund der Bashing-Artikel. Da schlagen sich andere Branchen vor Lachen auf die Schenkel!

Wir haben im Blog schon mehrfach über analoge Themen diskutiert:

Neue Leitlinien zum Kodex der „Freiwilligen Selbstkontrolle der Arzneimittelindustrie“ für den Umgang mit Fachkreisen: Schießen wir über das Ziel hinaus?

GSK ändert Zusammenarbeit mit Ärzten

Transparenzkodex umgesetzt

Ein transparentes Jahr 2016!

FSA-Selbstkontrolle greift – und übertreibt

Wie die Presse gerne reißerisch berichtet

Werden Patienten durch Mitwirkung automatisch zu Lobbyisten?

AWBs in der Kritik

Vince Ebert extrapoliert – Geldverdienen mit Medikamenten

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