Januar 2015. Der FSA-Kodex ist wieder einmal verschärft worden. Unter anderem betrifft es die Bewirtung an den Kongressständen. Seit Beginn des vergangenen Jahres ist bereits grundsätzlich die Abgabe jeglicher Geschenk- und Serviceartikel, die jenseits von reinen Informationsmaterialien liegen, verboten.
Nun wurden auch die Bewirtungsregeln genau überarbeitet. Nur eine „angemessene Bewirtung“, die „keinen eigenständigen Reiz zum Standbesuch“ bietet, ist noch möglich. „Kaffee, Softdrinks, Wasser, Kleingebäck, Süßwaren, kleine Muffins, Mini-Blechkuchen, Handobst oder einfache belegte Brote/Brötchenhälften“ werden als angemessen angesehen und sind erlaubt. Verboten dagegen sind „alkoholfreie Biere, frisch gepresste Fruchtsäfte, Fruchtsaftcocktails, warme Speisen wie Waffeln, Flammkuchen, Frühlingsrollen, Blätterteighäppchen, Popcorn, Würstchen, Schnitzelchen, oder Süßspeisen wie z.B. Eis, Rote Grütze“.
Was ist denn da los?
Der Kodex ist sinnvoll und begrüßenswert. Er begegnet dem alten Vorwurf, die Pharmaindustrie bestäche die Ärzte, wo sie nur könne. Schade ist nur, dass er seit dem Start in 2004 nur so wenig in das öffentliche Bewusstsein gedrungen ist. Noch immer wird die Pharmaindustrie grundsätzlich als verbrecherisch und korrumpierend, der pharmazeutische Außendienstmitarbeiter als Träger von Geldkoffern in die Arztpraxen angesehen. Daher sind die Einschränkungen, die sich die pharmazeutische Industrie selbst auferlegt, richtig und notwendig. Aber muss die Regulierungswut dermaßen durchschlagen?
Wie ist es zu der detailgenauen Auflistung der Kongressbewirtung gekommen? Ist jemand mit einem Notizbuch über einen Kongress einer großen medizinischen Fachgesellschaft geschritten und hat (offenbar hungrig) entschieden, was angemessen ist und was nicht?
Welcher Hintergrund hat dabei wohl eine Rolle gespielt? Muffins kontra Schnitzelchen, Mini-Blechkuchen versus Blätterteighäppchen – warum das eine angemessener sein soll als das andere, darüber kann man trefflich spekulieren.
Reizt eine solche detaillierte und fast kleinkarierte Vorschrift nicht dazu, alles genauso detailliert und kleinkariert auszulegen? Wird in Zukunft um jedes saure Gürkchen, jeden Aufstrich, jeden Softdrink (Bionade kontra Fanta?) gefeilscht? Wird alles, was auch nur einen Hauch von angenehm und wohltuend ist im Umfeld eines medizinischen Kongresses, der für engagierte Teilnehmer mit Sicherheit eine Anstrengung darstellt, verteufelt?
Und: Ist das ein Feld, das diese Auseinandersetzung lohnt? Gibt es nicht dringenderen Handlungsbedarf im Gesundheitswesen, wie die Durchsetzung einer generellen Qualitätssicherung, patientenorientiertere Methoden der Nutzenbewertung innovativer Arzneimittel, Optimierung von Versorgungsstrukturen, Entlastung der niedergelassenen Ärzte und und und …?
Stattdessen werden Kongressbesuchern buchstäblich die Krümel im Mund gezählt und Ärzten unterstellt, statt Fortbildung würden sie sich vorrangig für die leckeren Flammkuchen und das alkoholfreie Bier vom Industriestand nebenan interessieren. Für viele Kongressteilnehmer eine Unterstellung, die nicht der Wahrheit entspricht.
Der neue FSA-Kodex ist ein wenig (sehr) übertrieben und ein Schuss in die falsche Richtung, meinen die Pharma-Net-Bloggerinnen.