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DIE AUTOREN

Karen Thiel
Seit mehr als 20 Jahren bin ich als selbständige Pharma-Expertin für die Bereiche Medical-Marketing und Patient Support tätig. Ich betreue Biopharma, RX, OTC/OTX, Supplements und apothekenexklusive Kosmetik-Marken als Managerin oder Consultant. Ein besonderes Spezialgebiet von mir ist der Aufbau von Patienten-Support-Programmen. Auch Online/Social-Media-Aktivitäten im Healthcare-Bereich zählen zu meinen Kernkompetenzen. Meine Firma heißt KT Projekt. Mein Angebot sowie eine Referenz- und Projektliste finden Sie unter www.ktprojekt.de.
Dr. Martina Hänsel
In der Pharmabranche arbeite ich seit mehr als 20 Jahren und bin seit über acht Jahren freiberufliche Beraterin mit Schwerpunkt auf medizinisch-wissenschaftliche Beratung, Kommunikation und Interim Management. Außerdem absolviere ich einen Master-Studiengang Regulatory Affairs.

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Unerwünschte Ereignisse in Zusammenhang mit dem AstraZeneca-Impfstoff

Hintergrundinformationen zu den unerwünschten Ereignissen, die mit den AstraZeneca-Impfstoff in Zusammenhang stehen könnten:

Thrombozytopenie

Eine Thrombozytopenie (Details s. u.) tritt sehr selten auf, ca. 2 bis 20 mal pro 100.000 Personen. Die Zulassungsstudien sind zwar mit einer sehr großen Zahl an Studienteilnehmern durchgeführt worden, aber um eine so seltene Nebenwirkung zu entdecken, reichte die Anzahl wiederum nicht.

Das ist übrigens bei allen Medikamenten und Impfstoffen so, weshalb nach der Zulassung die sog. Phase IV der Studie eintritt und genau solche Phänomene beobachtet werden sollen. Dass es dabei zu „unerwünschtes Ereignissen von besonderem Interesse (AESI)“ kommt, ist ebenfalls sehr selten.

Thrombozytopenie auch bei Covid-19-Erkrankten

Sinusvenenthrombosen sind auch bei Covid-19-Erkrankungen aufgetreten, einige Betroffene scheinen auch daran gestorben zu sein. Quellen: https://www.strokejournal.org/article/S1052-3057(20)30852-1/fulltext und https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2214751921000037?via%3Dihub

Erwachsene sind häufiger als Kinder betroffen, letztere erkranken meist nach einer viralen Infektion und Frauen bis 60 haben ein erhöhtes Risiko im Vergleich zu Männern. Schwangerschaften erhöhen das Risiko ebenfalls. Daher ist die Entscheidung der Ständigen Impfkommission den Impfstoff nur noch ab einem Alter von 60 Jahren zu verabreichen, nachvollziehbar.

Vielen Fragen sind weiterhin offen 

  • Warum meldet UK (und andere Länder, die den AstraZeneca-Impfstoff verimpfen) nicht analog so viele Fälle? (Es sind zwar weitgehend ältere Personen damit geimpft worden sind, aber Pflegepersonal und 50+ sind bereits schon an der Reihe gewesen.) Haben wir vielleicht andere Chargen? Könnten also nur bestimmte Chargen betroffen sein? Anderer Herstellungsort, andere Chargen und dadurch das Problem?
  • Welche Begleiterkrankungen bzw. speziellen Merkmale (z. B. Raucher, Pille, vorher schon Thrombosen) hatten die Geimpften? Wie lässt sich das vor der Impfung feststellen, damit diese Personen nicht geimpft werden? Wenn es sich um eine Genmutation handelt, kann man es überhaupt im Vorfeld analysieren?
  • Kann eine Sinusvenenthrombose auch nach der zweiten AZ-Impfung auftreten? Sprich, können die mit dem Impfstoff einmal geimpften Personen noch eine Zweitimpfung erhalten, auch wenn sie unter 60 Jahre alt sind? Oder können die Zweitimpfungen mit einem mRNA-Impfstoff durchgeführt werden?

Wahrscheinlich müssen wir mit den Antworten noch etwas warten, da die entsprechenden Stellen beim Paul-Ehrlich-Institut (PEI) zur Zeit mit den Analysen beschäftigt sind.

Heparininduzierte Thrombozytopenie

Wahrscheinlich handelt es sich bei den mittlerweile 31 Fällen der Sinusvenenthrombose mit 9 Todesfällen (Stand: 31.03.2021) um heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT), wie Greifswalder Wissenschaftler vermuten. Zitate aus dem Spektrum.de-Text:

  • „Bei HIT selbst gibt es Indizien dafür, dass bestimmte Varianten des Gens für CD32 das Risiko erhöhen. Nach wie vor ist zudem nicht ausgeschlossen, dass auch andere Faktoren, besonders Risikofaktoren für Thrombosen, eine Rolle spielen. Auf Basis dieser Erkenntnisse empfiehlt die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) in einer Stellungnahme, bei verdächtigen Symptomen auf einen HIT-ähnlichen Ablauf zu prüfen. Geimpfte Personen, die ab dem fünften Tag nach der Impfung Thrombosen oder neurologische Symptome wie Schwindel, Kopfschmerzen oder Sehstörungen haben, sollten demnach auf eine HIT Typ 2 getestet werden. Die GTH weist ausdrücklich darauf hin, dass Unwohlsein in den ersten drei Tagen nach der Impfung normal ist. Eine Überprüfung auf Thrombosen oder einen Mangel an Blutplättchen ist erst bei ab dem fünften Tag neu aufgetretenen Symptomen überhaupt sinnvoll; früher setzt HIT Typ 2 nicht ein.“

  • „Sollte dieser Test – der die Antikörper gegen den Heparinkomplex nachweist – positiv sein, empfiehlt die Gesellschaft, intravenöses Immunglobulin G (IVIG) gegen die Aktivierung des CD32 zu verabreichen. Dadurch lasse sich vermutlich der Mechanismus unterbrechen, der zu den Thrombosen führt. Damit sei die Sinusvenenthrombose – wenn die denn überhaupt mit der Impfung zusammenhängt, was nach wie vor unklar ist – nicht nur äußerst selten, sondern nun auch direkt behandelbar.“

Es bleibt die Aussage:

Die Vorteile der Impfung überwiegen die Gefahren der Covid-19-Erkrankung.


Fazit

Wenn sich das schlechte Image des AstraZeneca-Impfstoffs auf die anderen Impfstoffe überträgt, wird die Impfkampagne in Deutschland nicht zu einer Herdenimmunität führen, da sich als Folge des Vertrauensverlustes zu wenig Menschen impfen lassen werden.

Wäre es nicht sinnvoll weitere Lieferungen des AstraZeneca-Impfstoffs abzubestellen (durch die Lieferverzögerung und den damit verbundenen Vertragsbruch könnte es möglich sein) oder den restlichen Impfstoff zu spenden (Stichwort: Covax)? Die Wahrscheinlichkeit, dass sich in Deutschland damit noch jemand impfen lässt, ist sicherlich eher gering. Alternativ kann man Curevac stärker unterstützen, damit der mRNA-Impfstoff zeitnah zugelassen werden kann.

Weitere Links

Kann man sich bedenkenlos gegen Covid-19 impfen lassen?

Impfstoffe und Langzeitdaten – ein Blogbeitrag von Verdareno

Wie Impfstoffe gegen Covid-19 erprobt werden

Impf-Chaos der EU

 

Titelbild: Bild von allinonemovie auf Pixabay

3 Kommentare

  1. Sabine Eichinger, Hämatologin an der Medizinischen Universität Wien, hat in Zusammenarbeit mit Andreas Greinacher von der Universität Greifswald, der sich seit Jahrzehnten mit der HIT-Krankheit beschäftigt, aber auch eine gute Nachricht zur Impfstoff-induzierten prothrombotische Immunthrombozytopenie (VIPIT), wie das Syndrom nun bezeichnet wird: Rechtzeitig erkannt, kann VIPIT mit Immunglobulinen – unspezifischen Antikörpern von Blutspendern – behandelt werden, die helfen, die Thrombozytenaktivierung zu bremsen. Nicht-heparinhaltige Blutverdünner können helfen, die Gerinnsel aufzulösen. In mindestens einem Fall, sagt Greinacher, habe der Patient sich nach einer derartigen Behandlung erholt. Sollte die These stimmen, dann kann die Störung erkannt und behandelt werden. Die Greifswalder Wissenschaftler hoffen, dass dies helfen kann, die Sorgen, die sich viele Menschen über den Impfstoff machen, zu lindern.

    „Wir wissen, was zu tun ist, wie man es diagnostiziert und wie man es behandelt“,

    so Greinacher.
    (https://www.riffreporter.de/de/wissen/corona-astra-zeneca-impfstoff-risiko-nebenwirkungen-thrombosen, Zugriff 6.04.2021).

    Eine wissenschaftliche Arbeit mit diesen Ergebnissen wurde vorab als preprint bei ResearchSquare veröffentlicht (https://www.researchsquare.com/article/rs-362354/v1, Zugriff 6.4.2021).

    Die Deutsche Gesellschaft zum Studium der Thrombose und Hämostase, in der Greinacher Mitglied ist, hat eine Reihe von Empfehlungen zur Diagnose und Behandlung der VIPIT herausgegeben (https://gth-online.org/wp-content/uploads/2021/03/GTH-Stellungnahme-AstraZeneca_3-29-2021.pdf).

  2. Update zu dem Artikel:

    1. Nun wurden 25 Fälle aus UK nachgemeldet und nun kommt auch UK auf 30 Fälle von Blutgerinnseln. Allerdings auf wesentlich mehr Impfungen verteilt. Wieviel davon tödlich verlaufen sind, ist unklar. Bei BionTech/Pfizer sind keine Fälle bekannt. (Quelle: Astrazeneca: Britische Behörden melden 30 Blutgerinnsel-Fälle https://liveblog.zdf.de/ausbreitung-des-coronavirus/58963/)

    2. Neue Stiko-Empfehlung: AstraZeneca nur noch für Personen über 60 Jahre. Auch die Zweitimpfungen derjenigen, die mit einmal mit AstraZeneca geimpft worden sind, werden mit einem mRNA-Impfstoff erfolgen, es sei denn, der Impfende möchte freiwillig mit AstraZeneca geimpft werden. (Quelle: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/keine-zweitimpfung-mit-astra-zeneca-neuer-impfabstand-bei-mrna-124798/)

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