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DIE AUTOREN

Karen Thiel
Seit mehr als 20 Jahren bin ich als selbständige Pharma-Expertin für die Bereiche Medical-Marketing und Patient Support tätig. Ich betreue Biopharma, RX, OTC/OTX, Supplements und apothekenexklusive Kosmetik-Marken als Managerin oder Consultant. Ein besonderes Spezialgebiet von mir ist der Aufbau von Patienten-Support-Programmen. Auch Online/Social-Media-Aktivitäten im Healthcare-Bereich zählen zu meinen Kernkompetenzen. Meine Firma heißt KT Projekt. Mein Angebot sowie eine Referenz- und Projektliste finden Sie unter www.ktprojekt.de.
Dr. Martina Hänsel
In der Pharmabranche arbeite ich seit mehr als 20 Jahren und bin seit über acht Jahren freiberufliche Beraterin mit Schwerpunkt auf medizinisch-wissenschaftliche Beratung, Kommunikation und Interim Management. Außerdem absolviere ich einen Master-Studiengang Regulatory Affairs.

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Lieferengpässe III + Coronavirus-Pandemie

Das Thema Arzneimittel-Lieferengpässe analysierte ZDF Zoom in einem Fernsehbeitrag: https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-mangelware-medizin-100.html

Anders als gewohnt, hat die Zoom-Redaktion das Thema nicht mit einem üblichen Pharma-Bashing begleitet, sondern alle Seiten aufgezeigt und die Problematik dargestellt. Die Corona-Pandemie wird vermutlich die Lieferengpässe noch verschärfen.

ZDF Zoom: Abhängigkeit von Asien ist ein Problem

Der Beitrag der ZDF Zoom-Redaktion liefert eine Ergänzung zu den beiden letzten Blogbeiträgen:

Der Inhalt des Filmes wird gut von der PZ zusammengefasst: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/produktion-zurueck-nach-europa-holen/

Eine Punkt möchten wir zustätzlich noch erwähnen. Der ZDF-Bericht beleuchtet einen weiteren Teilnehmer des Gesundheitsmarktes: den pharmazeutischen Großhandel. In den beiden Blogbeiträgen wurde der Großhandel bis dato noch nicht in Hinblick auf Lieferengpässe untersucht.

Wie schon lange in der Branche bekannt, verkauft der Großhandel an den Meistbietenden, was aus seiner Sicht verständlich ist. Da bleibt schonmal eine kleine Apotheke außen vor und große Mengen einiger Arzneimittel finden sich im Ausland wieder.

Die Verhandlungen mit dem Großhandel ist für viele Pharmaunternehmen eine langwieriges und unerfreuliches Geschäft. Beispielsweise werden neue Präparate nicht auf Lager genommen oder eine Bevorratung gelingt nicht. Ein Spezialthema für einen späteren Blog.

Die NOWEDA, ein Arzneimittel-Großhandel, informiert momentan Pateinten mittels Flyer über den Grund der Lieferengpässe. Das ist eine gute Aktion und auch in der Information wird die Abhängigkeit von den Produktionsstätten in China und Indien thematisiert:

Der Flyer ist aktueller denn je, gerade in Folge des Coronavirus drohen weitere Lieferengpässe. Das liegt an der gebündelten Produktion vieler (lebens-)wichtiger Arzneimittel vor allem in Indien und China. Fällt eine Produktion im Herstellerland – zum Beispiel in China – aus, hat das Auswirkungen auf den weltweiten Arzneimittelmarkt und damit auf die Lieferfähigkeit der Medikamente. Und auch Indien hat bereits auf die Produktionsausfälle aufgrund des Coronavirus reagiert. Das dortige Wirtschaftsministerium hat Einschränkungen beim Export von 13 Wirkstoffen und Zubereitungen verhängt. (Quelle: NOWEDA)

Krankenkassen tragen Hauptverantwortung

Im ZDF Zoom-Beitrag wird die Rolle der Krankenkassen mehr als deutlich, sie verteidigen zwar die Exklusiv-Rabattverträge (s. Blogbeitrag „Lieferengpässe – ein weltweites Problem“), aber der von der GKV angeheizte Preiskampf, der zu der Verlagerung der Arzneimittelproduktion nach Asien führte, kann nicht entkräftet werden. Das Argument der besseren Planbarkeit für den pharmazeutischen Hersteller ist ad absurdum geführt durch die vorliegenden Lieferengpässe. Sobald ein Baustein der Lieferkette ausfällt, gibt es einen Dominoeffekt, so fragil ist das System.

Die Forderung nach europäischer Produktion und der Abkehr von der rein preisgetriebenen Politik wird in dem Fernsehbeitrag unmissverständlich formuliert.

Es fehlt in dem Beitrag noch die Frage, warum die gesetzlichen Krankenkassen Geld für Sportvergnügen und Homöopathie haben, aber kein Geld für Arzneimittel ausgeben wollen.

Jahrelang verschonten die Medien und Politiker die Krankenkassen von Kritik, nun wird es Zeit das Gebahren einmal unter die Lupe zu nehmen und gegenzusteuern.

Die Corona-Krise zeigt auf: Geld ist nicht alles

Aber auch die Gesundheitspolitik steht in der Kritik, sie hat ja das Verhalten der Krankenkassen gestärkt. Wirtschaftlichkeit als höchste Priorität im Gesundheitssektor zu sehen, ist falsch. McKinsey und Co. haben dort nichts zu suchen. Es geht um das Gemeinwohl. Und das darf etwas kosten, was aber nicht gleichzeitig eine Geldverschwendung erlaubt.

Glücklicherweise sind noch nicht so viele Krankenhäuser geschlossen, so dass man in einer Krise wie der aktuellen Corona-Pandemie noch über Intensivbetten verfügt. Ob diese ausreichen, wird man sehen. Aber es sind auf jeden Fall mehr als es nach den vielen geplanten Schließungen gewesen wären.

Planwirtschaft kommt an die Grenzen

Im Rahmen der Corona-Pandemie hört man immer wieder den Ruf nach staatlicher Medizin. Rückfrage:

Nennen Sie mir bahnbrechende Medikamente, die aus den Forschungslaboren des ehemaligen Ostblocks gekommen sind …

Da wird einem nicht viel oder auch gar nichts einfallen. In der Zeit gab es aber in den westlichen Ländern einen enormen Schub, der die lange Lebenszeit unserer heutigen Rentner begründet. Der Ausblick auf Rendite heizt die Forschung an. Planwirtschaft funktioniert nicht! Nur der Markt bringt Innovationen.

Leider hat die Preisdebatte der letzten Jahrzehnte zu einer Konzentration auf dem Pharmamarkt geführt, so dass nur noch wenige pharmazeutische Anbieter den Markt führen und somit für Impfstoff-, Infektions- und allgemeine Arzneimittelforschung verantwortlich sind (Quelle: Handelszeitung v. 11.03.2020). Auch das ist keine gute Entwicklung für einen innovativen Markt.

Gesundheitsversorgung neu denken

Aufgabe der EU und vor allem der deutschen Politik ist es, nach dem Ende der Pandemie das Gesundheitssytem umzukrempeln, überflüssige Dinge aus dem Katalog der GKV zu streichen und wieder vernünftige Preise für Arzneimittel zu zahlen. Umgekehrt kann die Politik auch fordern, dass die Herstellung von Arzneimitteln wieder in der EU stattfindet und der Anteil der Zukäufe aus Asien deutlich reduziert wird. Das alles wird dauern und ein Zeitfenster von 10 Jahren ist mehr als realistisch aber notwendig.

Auch ein Umdenken bei den Patienten ist wünschenswert. Jeder Bürger muss mehr Eigenverantwortung übernehmen und verstehen, dass das Gesundheitssystem kein kostenloser Selbstbedienungsladen ist. Die Gesundheitsversorgung sichert das eigene Überleben und das ist seinen Preis wert!

 

Quellen/Links

https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-mangelware-medizin-100.html

https://www.noweda.de/presse/pressemitteilung/news-detail/article/lieferengpass-kampagne-der-noweda-geht-weiter-aktualisierter-infoflyer-fuer-patienten-in-millionena/

https://www.handelszeitung.ch/unternehmen/wie-macht-sich-die-pharmaindustrie-im-coronavirus-stresstest?xing_share=news

https://www.pharmazeutische-zeitung.de/produktion-zurueck-nach-europa-holen/

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