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DIE AUTOREN

Karen Thiel
Seit mehr als 20 Jahren bin ich als selbständige Pharma-Expertin für die Bereiche Medical-Marketing und Patient Support tätig. Ich betreue Biopharma, RX, OTC/OTX, Supplements und apothekenexklusive Kosmetik-Marken als Managerin oder Consultant. Ein besonderes Spezialgebiet von mir ist der Aufbau von Patienten-Support-Programmen. Auch Online/Social-Media-Aktivitäten im Healthcare-Bereich zählen zu meinen Kernkompetenzen. Meine Firma heißt KT Projekt. Mein Angebot sowie eine Referenz- und Projektliste finden Sie unter www.ktprojekt.de.
Dr. Martina Hänsel
In der Pharmabranche arbeite ich seit mehr als 20 Jahren und bin seit über acht Jahren freiberufliche Beraterin mit Schwerpunkt auf medizinisch-wissenschaftliche Beratung, Kommunikation und Interim Management. Außerdem absolviere ich einen Master-Studiengang Regulatory Affairs.

LINKS ZU WICHTIGEN PHARMA-WEBSITES

Die Pharmaindustrie als Prügelknabe der Medien – Verständnis erfordert Wissen

Die Lebenserwartung der Deutschen ist zwischen 1960 und 2008 von 69,7 auf 80,1 Jahre gestiegen[1], und es ist damit zu rechnen, dass sie in den nächsten Jahren weiter steigt[2]. Ehemals tödliche Krankheiten wie bakterielle Infektionen können heute geheilt werden, eine HIV-Infektion kommt nicht mehr einem Todesurteil gleich, und ein an Parkinson Erkrankter hat heute die gleiche Lebenserwartung wie ein gesunder Mensch[3]. Biotechnologisch hergestellte monoklonale Antikörper wurden vor ca. 25 Jahren als große Hoffnung in der Therapie und Diagnostik dargestellt. Inzwischen ist die Zeit dafür reif. – im Jahr 2012 waren 5 von 28 neu zugelassenen Arzneimitteln Biopharmazeutika (18%); die Zahl der biopharmazeutischen Präparate in der klinischen Entwicklung steigt weiter[4], darunter mehrheitlich monoklonale Antikörper. Ein Großteil der neu zugelassenen Wirkstoffe trägt den Suffix „…mab“ („monoclonal antibody“). Der allgemeine Zuwachs an Lebensqualität und Lebenszeit ist auch ein Verdienst der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung.

Health care professionals working in laboratory.

Doch wie ist das Bild in der Öffentlichkeit? Medikamente sind viel zu teuer[5], die Verschreibungspraxis der Ärzte wird ungehemmt beeinflusst[6], Studien, die nicht ins Bild passen, werden zurückgehalten[7], die Ärzte werden bestochen, und die Industrie erfindet die Krankheiten, um mit den überteuerten Medikamenten noch mehr abzuzocken… schiefer könnte das Bild nicht sein.

Auf der anderen Seite verändert sich die viel gescholtene Pharmawelt. Seit 2004 existiert der Kodex der Freiwilligen Selbstkontrolle der Pharmazeutischen Industrie, dem sich noch vor dem Ende des vergangenen Jahrzehnts alle Herstellerverbände angeschlossen haben. Hier wurde u.a. ausdrücklich der Wert einzelner Geschenke und Abgabeartikel auf maximal  5 € festgelegt –  jeder Produktmanager und Werbemittelberater in der Pharmaindustrie hat diesen Wert inzwischen verinnerlicht. Aber noch immer geistert der Pharmaberater mit dem prall gefüllten Briefumschlag durch die Medienlandschaft[8].

Ab dem Beginn des kommenden Jahres werden jegliche Abgabeartikel und Geschenke komplett verboten, mit einer Frist zur Abgabe vorhandener Dinge bis zur Jahresmitte 2014. Ausnahmen soll es dann nur unter engen Voraussetzungen bei Informations- und Schulungsmaterialien sowie medizinischen Zubehörartikeln geben.[9] Die Werbemittelhersteller haben bereits auf das Schärfste dagegen protestiert[10].Wie lange wird dieser Beschluss an der Öffentlichkeit vorbeigehen und weiterhin der Geschenke-verteilende Pharmaberater aufgezeichnet?

Am 24. Juni 2013 hat der Dachverband der europäischen Pharma-Verbände einen Transparenzkodex verabschiedet, der Pharmaunternehmen verpflichtet, alle Zuwendungen für Ärzte und Angehörige der Fachkreise offen zu legen. Für Zuwendungen an Patientenorganisationen gilt der Grundsatz bereits seit Jahren10.

Pressemitteilungen der Verbandes der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa), in denen es um diese Themen geht, erreichen nahezu ausschließlich die Mitgliedsunternehmen, bei denen die grundsätzliche Meinung „Pro-Pharma“ gegeben ist. Der Mehrzahl der Menschen im Land bis hin zum „Spiegel“-Leser bleibt das Bild von der“ abzockenden Pharmaindustrie“.

Keine Branche in Deutschland  hat sich bislang so intensiv mit dem Thema Korruptionsbekämpfung und Transparenz beschäftigt wie die Pharmaindustrie10 – und keine Branche wird in der Öffentlichkeit mehr gescholten.

Warum bedienen die Medien immer noch die Vorurteile und zitieren Beispiele aus dem vergangenen Jahrzehnt[11]? Was kann man tun, um zeitnahe und breiter über aktuelle Schritte der Industrie zu informieren und um eine höhere gesellschaftliche Teilhabe an der Entwicklung innovativer Medikamente zu erlangen? Wie können neben Pharmakritikern auch  Stimmen seitens der Arzneimittelhersteller zu Wort kommen? Wie wird genug Wissen vermittelt, um zu einem ausgewogenen Bild zu kommen?

Um mit einem Bild zu sprechen: Was können wir tun, um das Bild wieder gerade zu rücken, ohne wie seinerzeit Loriot die gesamte gute Stube zu zerstören?

Genug Denkanstöße für einen weiteren Austausch!



[1] Seeberger, P.H.: Warum die reiche Pharmaindustrie krank ist und Hilfe braucht. GEO 5, 2013, 50-51

[2] Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 344 vom 02.10.2012

[3] Fornadi, F.: Lebenserwartung bei dem idiopathischen Parkinson-Syndrom (Parkinson-Krankheit, April 2013, www.parkinson-web.de (letzter Zugriff 29.09.2013)

[4] Heinemann, A., Hildinger, M., Bädeker, M.: Medizinische Biotechnologie in Deutschland 2013, The Boston Consulting Group, Juni 2013

[5] Grill, M.: Deutsche zahlen zu viel für Medikamente, Spiegel online 12.09.2013

[6] Befangen und nicht objektiv: Interview mit P. Sawicki, wdr2, 20.08.2013

[7] Goldacre, B.: Die Pharma-Lüge, Kiepenheuer&Witsch, 2013

[8]Grill, M.: Normal korrupt: Spiegel online, 25.06.2012

[9] Pressemitteilung „Forschende Pharmaunternehmen sehen 2013 als Jahr der Transparenz“, vfa, 14.08.2013

[11] „Hart aber fair“ vom 24. Juni 2013

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