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DIE AUTOREN

Karen Thiel
Seit mehr als 20 Jahren bin ich als selbständige Pharma-Expertin für die Bereiche Medical-Marketing und Patient Support tätig. Ich betreue Biopharma, RX, OTC/OTX, Supplements und apothekenexklusive Kosmetik-Marken als Managerin oder Consultant. Ein besonderes Spezialgebiet von mir ist der Aufbau von Patienten-Support-Programmen. Auch Online/Social-Media-Aktivitäten im Healthcare-Bereich zählen zu meinen Kernkompetenzen. Meine Firma heißt KT Projekt. Mein Angebot sowie eine Referenz- und Projektliste finden Sie unter www.ktprojekt.de.

Dr. Martina Hänsel
In der Pharmabranche arbeite ich seit mehr als 20 Jahren und bin seit über acht Jahren freiberufliche Beraterin mit Schwerpunkt auf medizinisch-wissenschaftliche Beratung, Kommunikation und Interim Management. Außerdem absolviere ich einen Master-Studiengang Regulatory Affairs.

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Upcoding – neues Geschäftsmodell der Krankenkassen

Vermehrt berichten Ärzte, dass Mitarbeiter von Krankenkassen in ihren Praxen anrufen und die Medizinischen Fachangestellten bitten, Codierungen zu Dauerdiagnosen bei verschiedenen Patienten „nachzutragen“. Man bezeichnet dies als Upcoding.

Für die Krankenkasse bietet dieses Upcoding einen finanziellen Vorteil, denn sie würde mehr Geld aus dem Risikostrukturausgleich (RSA) bekommen. Die Patienten sollen also kränker erscheinen als sie in Wirklichkeit sind.

Das ist auch schon deshalb ein zweifelhaftes Vorgehen, da ein Arzt, der so ein Upcoding für seine Patienten durchführen würde, verurteilt werden könnte wegen Abrechnungsbetrugs.

 

Hintergrundinfo zum RSA

„Der Risikostrukturausgleich (RSA) ist ein finanzielles Umverteilungsverfahren zwischen den Krankenkassen, das die unterschiedlichen finanziellen (und damit beitragssatzrelevanten) Risiken verringert, die sich aus der spezifischen Zusammensetzung ihrer Versichertenklientel ergeben und die eine Krankenkasse nicht zu verantworten hat. Der Risikostrukturausgleich wurde 1994 mit folgenden Zielen eingeführt:

  • Er sollte vor Beginn der erweiterten freien Kassenwahl für die Versicherten, die 1997 in Kraft trat, dazu beitragen, die Wettbewerbschancen der Krankenkassen anzugleichen.
  • Er sollte die Gefahr der Selektion guter und der Diskriminierung schlechter Risiken durch die Kassen verringern.
  • Er sollte die Anreize zu wirtschaftlichem Handeln auf solche Wettbewerbsfelder lenken, die sich auf eine qualitativ hochwertige und dabei kostengünstige Versorgung beziehen und somit den Versicherten wirklich zugutekommen.

Bei der Berechnung der finanziellen Umverteilung wurden folgende versichertenbezogene Kriterien berücksichtigt:

  • Einkommen
  • Alter
  • Geschlecht
  • Familienlastquote
  • Bezug oder Nicht-Bezug einer Erwerbsminderungsrente

Für jede Krankenkasse wird in Abhängigkeit von der Zusammensetzung ihres Versichertenkreises ein bestimmter Beitragsbedarf ermittelt. Liegt der Beitragsbedarf über den Einnahmen, erhält die betreffende Krankenkasse Finanzmittel aus dem RSA, liegt er unter den Einnahmen, zahlt sie in den RSA ein. Kassen mit günstigerer Versichertenstruktur müssen also an Kassen mit ungünstiger Versichertenstruktur einen Teil ihrer Einnahmen abführen. Bezugspunkt sind dabei nicht die real einer Kasse entstandenen Ausgaben, sondern nur diejenigen Ausgaben, die dem Durchschnitt der GKV-Ausgaben für die Versicherten entsprechen. Jedoch zeigte sich rasch, dass der RSA diese ihm zugedachten Aufgaben nicht würde erfüllen können, denn er wies vor allem zwei Konstruktionsfehler auf:

  • Er berücksichtigt nicht das Risiko „Krankheit“ und schafft damit einen Anreiz zur Selektion guter Risiken, weil diese geringere Kosten hervorrufen. Aus diesem Grund waren die Krankenkassen auch lange Zeit nicht interessiert, die Versorgung für chronisch Kranke zu verbessern, weil sie fürchteten, dann als Kasse für diese chronisch Kranken attraktiv zu werden.
  • Er gleicht die standardisierten Leistungsausgaben der Kassen nur zu etwa 92 Prozent aus, denn er berücksichtigt nicht die Befreiung der Härtefälle von Zuzahlungen und die Höhe der Verwaltungsausgaben. Beides benachteiligt die Kassen mit den „schlechten Risiken“, also vor allem die Ortskrankenkassen.

Daher wurde der RSA in den vergangenen Jahren mehrmals reformiert. So erhalten Krankenkassen seit 2002 für jede Versicherte und jeden Versicherten, die/der sich in ein strukturiertes Behandlungsprogramm („Disease-Management-Programm“) einschrieb, eine erhöhte Finanzmittelzuweisung. Eine weitreichende Umstellung war mit der Schaffung des Gesundheitsfonds zum 1. Januar 2009 verbunden. Seitdem erhalten die Krankenkassen aus dem Gesundheitsfonds für jede Versicherte und jeden Versicherten einen pauschalen Betrag, der nach den Merkmalen Alter und Geschlecht sowie nach bestimmten Krankheitsmerkmalen differenziert ist. Erstmals werden also Krankheitsmerkmale in den Risikostrukturausgleich einbezogen (morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich – „Morbi-RSA“). Bei der Zuweisung von Mitteln aus dem Gesundheitsfonds werden 50 bis 80 Krankheiten berücksichtigt, bei denen die durchschnittlichen Leistungsausgaben je GKV-Versicherte/-Versicherten um mindestens 50 Prozent höher sind als die durchschnittlichen Pro-Kopf-Leistungsausgaben für alle Versicherten. Krankenkassen, die einen höheren Anteil chronisch kranker und damit teurer Versicherter aufweisen, erhalten also einen entsprechend höheren Betrag aus dem Fonds. Durch die Berücksichtigung dieser Merkmale sollen die unterschiedlichen Risikostrukturen der Versichertengemeinschaften der Krankenkassen besser ausgeglichen werden als bisher.

Allerdings ist die Beschränkung auf 50 bis 80 Krankheiten, bei denen die durchschnittlichen Leistungsausgaben je GKV-Versicherte/-Versicherten um mindestens 50 Prozent höher sind, als die durchschnittlichen Pro-Kopf-Leistungen aller Versicherten, eine willkürliche Setzung. Eine Vielzahl überdurchschnittlich teurer Krankheiten wird auch in diesem erweiterten RSA nicht berücksichtigt. Es handelt sich also nicht um einen vollständigen Morbiditätsausgleich, der den einzelnen Kassen unabhängig vom Gesundheitszustand ihrer Versicherten vergleichbare Wettbewerbsvoraussetzungen ermöglicht. Nach wie vor haben Kassen mit schlechterer Risikostruktur einen Wettbewerbsnachteil. Die Risikoselektion von gesunden Versicherten wird weiterhin zur Wettbewerbsstrategie von Krankenkassen gehören.“

Quelle: http://www.bpb.de/politik/innenpolitik/gesundheitspolitik/169809/risikostrukturausgleich (1.3.2012)

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